Wednesday 27 October 2010

Kommentar (20) [Videoüberwachung in Schlachthäusern)

von Gary L.Francione Blog

(...) Zu Beginn des Kommentars diskutiere ich kurz eine neue Kampagne der britischen Tierschutzorganisation, Animal Aid [nachfolgend AA], welche darin besteht,

(zu) fordern, Überwachungskameras [CCTV: closed circuit television] in allen Schlachthäusern in Großbritannien zu installieren und die Bänder unabhängigen Stellen zugänglich zu machen. Außerdem fordern wir ein besseres unabhängiges Training, regelmäßige Wiederholung der Schulung und Beurteilung, rigorose Umsetzung der Gesetze und ein Ende der Beschäftigung von Personen in Schlachthäusern, die wegen auffälliger Gewaltdelikte und Tierquälerei verurteilt worden sind.

Bei einem Schlachthaus, dessen Vertrag mit einer großen britischen Supermarktkette infolge der von AA erhobenen Beschuldigung der Tierquälerei suspendiert worden war, wurde der Vertrag nach ''Verbesserungen, einschließlich der Einführung von Videoüberwachung wie von AA gefordert'' wiederhergestellt

Andrew Tyler von AA kommentierte:

''Es zeigt recht deutlich die Bedeutung unserer Ermittlungen, dass das Unternehmen sagt, dass seine eigenen Standards sich dramatisch verbessert haben'', sagte er.
''Das unterstreicht ganz klar, dass das, was wir tun und zu tun fortfahren werden, eine unerlässliche Aufgabe ist. Wir sind erfreut, dass Videoüberwachung eingeführt wurde. Es ist absolut unerlässlich, dass die Bänder nicht einfach nur gesammelt, sondern von Sainsbury’s und vom Ordnungsamt gewissenhaft geprüft werden'', sagte Mr. Tyler.

Wie Sie sich denken können, sind viele Anwälte der Tiere verständlicherweise darüber aufgebracht, dass AA nun eine Partnerschaft mit institutionellen Tierausbeutern bildet, um ''Bio-Fleisch'' zu bewerben und zu verkaufen.

Eine Kollegin in GB schrieb mir und teilte mir die Antwort mit, die sie von Tyler auf ihre Einwände gegen diese törichte Kampagne erhalten hatte. Tyler versuchte, diese in folgender Weise zu rechtfertigen:

Nehmen wir ein Beispiel: Sie sind auf einem ''Viehmarkt'' und sehen, wie auf ein Schaf wiederholt eingetreten wird. Greifen Sie ein, um diese extreme Misshandlung zu beenden, oder würden Sie dies angesichts dessen, dass selbst, wenn sie dem Treten Einhalt gebieten, das Schaf trotzdem geschlachtet wird, als ''Tierschutz''' betrachten?

Ingrid Newkirk von PETA gebrauchte dasselbe Argument vor fast 20 Jahren, als sie die Auffassung vertrat, jene, die Tierschutzreformen ablehnen, von denen sie behauptete, diese würden uns Tierrechten näher bringen, verweigerten einer durstigen Kuh Wasser auf dem Weg zum Schlachthaus.

Ich habe Newkirks Position in meinem 1996 erschienenen Buch Rain Without Thunder: The Ideology of the Animal Rights Movement. erörtert. (…)

Meine Antwort auf Newkirk gilt auch für Tylers Beispiel.

Gewiss würde ich eingreifen, um das Treten des Schafes zu stoppen. Ich würde denken, dass die meisten Eigentümer von Schafen und Schlachthausbetreiber dasselbe tun würden. Schließlich verursacht das Treten des Schafes eine Beschädigung des Schlachtkörpers und das mindert den Wert des Schafes. Aber würde ich eine Kampagne für eine ''humanere'' Behandlung von Schafen führen? Absolut nicht. Das leistet nichts anderes als das Weißwaschen einer an sich unmoralischen Einrichtung und verschafft der Öffentlichkeit ein besseres Gewissen beim Essen von Fleisch.

Und genau das ist es, was AA tut. Der Verein ermutigt die Öffentlichkeit zu glauben, dass es eine richtige und eine falsche Art und Weise, Tiere auszubeuten, gibt.

Es gibt keine richtige Art und Weise. Es gibt nur eine falsche.

Es ist bestürzend zu sehen, wie viele Konsumenten von Fleisch und Milchprodukten die AA-Kampagne loben. Aber das war zu erwarten. AA verkauft ihnen einen Ablassbrief und erzählt ihnen für eine Spende, dass sie fortfahren können, Tiere auszubeuten, solange sie in einem Supermarkt kaufen, der sein Fleisch von einem Schlachthaus mit Videoüberwachung bezieht. (...)

Vor 20 Jahren sagte Newkirk, dass wir Tierschutz unterstützen müssten, um Tierrechten näher zu kommen. Tja, es ist 20 Jahre später, und wenn Newkirk denkt, dass wir Tierrechten irgendwie – auch nur einen Zoll – näher gekommen sind, dann liegt bei ihr eine völlige Verkennung der Realität vor. Und nun haben wir Tyler, der uns dasselbe lächerliche Argument auftischt. (…)

Leben Sie vegan.

Gary L. Francione
©2010 Gary L. Francione

Saturday 23 October 2010

VIVA! vs RSPCA ... und vergessen Sie nicht, auf ''Spenden'' zu klicken

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

im Kielwasser einer Kontroverse in Großbritannien über den Verkauf von Halal-Fleisch, das Ausblutung [von geschlachteten Tieren] ohne Betäubung bedeutet, und über den Kommentar einer britischen Organisation des Neuen Tierschutzes, VIVA! [Vegetarians International Voice for Animals], dass ''Konsumenten .. ihren Teil .. beitragen (können), indem Sie Orte boykottieren, die fortdauernd Fleisch von unbetäubten Tieren verkaufen'', habe ich zwei Essays geschrieben.

Im ersten Essay stellte ich heraus, dass VIVA!, zusätzlich dazu, auf den islamophobischen Zug aufzuspringen, der von den reaktionären Medien angetrieben wird, eine vermeintlich ''glücklichere'' Form der Tierschlachtung fördert anstatt, wie es der Verein tun sollte, die Idee zu fördern, dass die einzige sinnvolle Konsequenz eines moralischen Bedenkens gegenüber der Tierausbeutung darin besteht, aufzuhören, Tiere zu essen, als Bekleidung oder für andere Zwecke zu verwenden und anzufangen, vegan zu leben.

VIVA! antwortete darauf und ich schrieb einen zweiten Essay, in dem ich notierte, dass VIVA! zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten unterscheidet und für Vegetarismus als moralisch sinnvolle Wahl wirbt, Veganismus als schwierig und ''abschreckend'' darstellt, vegetarische Kochbücher mit nichtveganen Rezepten verkauft und für vegetarische Restaurants, die Milchprodukte servieren, Werbung macht. Mit einem Wort, VIVA! fördert die fleischlose Variante der Tierausbeutung.

Tja, nun hat der Verein eine Anklage gegen die RSPCA [Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals] veröffentlicht, die Einrichtung, die das Freedom-Food-Label [Freiheitsnahrung] sponsert, mit der Behauptung, dass die RSPCA die Dinge nicht ordentlich überwacht und ''Bio-Eier'' nicht wirklich ''Bio'' sind. Aber VIVA! erzählt uns nichts Neues. Von Anfang des Freedom-Food-Projekts an war klar, dass dieses nichts anderes als ein Marketinginstrument zur Bereicherung der RSPCA und der Produzenten von ''Bio-Fleisch'' und anderen ''Bio''-Tierprodukten ist und Freedom-Food-Tiere genauso gequält werden wie die Tiere, deren Leiden und Tod nicht von der RSPCA abgesegnet werden. Nichtsdestotrotz fallen Tierschutzgruppen in den USA, Großbritannien und anderen Ländern übereinander in dem fieberhaften Bemühen, Partnerschaften mit institutionellen Ausbeutern herzustellen, die noch mehr ''Bio''-Label mit sich bringen werden.

Zurück zu VIVA! und der RSPCA. Hier haben wir eine Tierausbeutung unterstützende Organisation, die eine anderen Organisation der Unterstützung von Tierausbeutung beschuldigt. Ich kann kaum erwarten, dass VIVA! uns ein paar ihrer nicht vegan lebenden Prominenten auftischt, die uns erzählen, dass die RSPCA-Nichtveganer weniger ''mitfühlend'' als die Nichtveganer von VIVA! sind. Vielleicht kann PETA [People for the Ethical Treatment of Animals] einen ''mitfühlenden'' Schlammschlacht-Wettbewerb zwischen leicht bekleideten Nichtveganern von VIVA! und RSPCA sponsern. Alles für die Tiere.

Aber hinter jeder Wolke zeigt sich ein Silberstreif am Horizont. Sicher, ''Bio''-Tierprodukte sind nicht wirklich Bio (offenbar sofern sie nicht in einem von VIVA! beworbenen nichtveganen Restaurant serviert werden). Aber Sie können helfen. Direkt rechts neben der Anklage VIVA!s gegen die RSPCA findet sich die Lösung: ''Helfen Sie uns, Tiere zu retten. Machen Sie eine Spende an VIVA!'' und Sie können einen Betrag einsetzen und auf ''Spenden'' klicken.

Oh ja, der standardmäßige Refrain der großen Tierschutzgruppen: Die Lage der Tiere ist schlecht, aber wir können sie verbessern. Schicken Sie uns Geld und wir lösen das Problem. Wir ''retten Tiere.''

Das ist natürlich ein Hirngespinst. Das Einzige, was Sie retten, indem Sie auf ''Spenden'' klicken, ist der Job der Leute, die für VIVA! arbeiten. (...) Sie können .. helfen, aber nicht dadurch, irgendjemandem Geld zu schicken. Sie brauchen keine Organisation oder auf ''Spenden'' zu klicken. Die großen Tierschutzunternehmen stehen dem Wandel im Weg, sie erleichtern ihn nicht.

Sie brauchen nur Ihre Entscheidung, das Richtige zu tun, zu treffen, und vegan zu leben

In einem können Sie sich sicher sein: Wenn Sie nicht vegan leben, beteiligen Sie sich direkt an Tierausbeutung. Es gibt keinen moralisch schlüssigen Unterschied zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten. Es steckt ebenso viel Leiden in einem Glas Milch oder Stück Käse, serviert in einem von VIVA! unterstützten ''Bio''-Ausbeutungsrestaurant, wie in dem Fleisch, das mit einem ''Bio''-Label verkauft wird. Und alle Tiere, ob für Fleisch oder Milch oder was auch immer genutzt, enden ihr Leben inmitten des Lärms und Elends irgendeines grässlichen Schlachthauses.

Wenn Sie nicht vegan leben: Fangen Sie damit an. (...) Veganismus ist ... das moralisch Richtige und Gerechte. (...)

Wenn Sie vegan leben, dann klären Sie andere über Veganismus auf. Ihr eigener Veganismus und Ihre Bemühungen in kreativer, gewaltloser Aufklärung über Veganismus sind die wirkungsvollsten Wege, [Tieren] zu helfen.

Die Welt ist vegan! Wenn Du es willst.


Gary L. Francione
©2010 Gary L. Francione

Thursday 21 October 2010

VIVA!s Antwort und meine Stellungnahme

von Gary L. Francione Blog

Liebe KollegInnen,

Ich hatte einen Essay über die in der The Sunday Mail (einer britischen Zeitschrift) berichteten Bemerkungen von ViVA! [Vegetarians International Voice for Animals] gepostet, in denen es um den Verkauf von Fleisch von Tieren, die nach der Halal-Methode geschlachtet wurden, in Großbritannien ging.

Eine ''Antwort von VIVA!'' wurde auf Opposing Views gepostet, wo mein Essay nachgedruckt worden war:
Gary, vielleicht interessiert es Sie, dass The Daily Mail nicht mit VIVA! gesprochen hat. Sie hat ein Zitat von unserer Website genommen. Rituelle Schlachtung ohne vorausgehende Betäubung hat ist als grausamer [als andere Schlachtmethoden] erwiesen, aber wir sind gegen alles Schlachten. Natürlich gibt es so etwas wie ''humane Schlachtung'' nicht.

Wir versuchen bei jeder Gelegenheit, Veganismus als die ethischste Wahl des Handelns, um Tiere zu schützen, voranzutreiben. Sie müssen allerdings verstehen, dass die Medien ihre eigene Agende haben. Wenn wir mit The Daily Mail gesprochen hätten (wir haben es inzwischen getan), hätten wir uns dabei, Veganismus voranzutreiben, den Mund fusselig reden können. Die drucken, was sie drucken wollen. Bitte bedenken Sie das, bevor Sie uns oder andere Gruppen in Zukunft kritisieren. Danke.

- Justin Kerswell September 21, 2010 11:06AM
Ich kann bestätigen, dass diese Antwort tatsächlich die von VIVA! ist. Hier ist meine:

Lieber Justin,

vielen Dank für Ihre Antwort. Bedauerlicherweise geht sie nicht auf meine Bedenken ein, außer insofern sie sie bekräftigt.

Islamophobie und Halal-Schlachtung

Wenn wir annehmen (und ich tue es), dass was Sie sagen, der Wahrheit entspricht und The Sunday Mail nicht mit VIVA! gesprochen, sondern das Zitat von der Website des Vereins genommen hat, dann ist die Sache tatsächlich schwerwiegender, insofern die VIVA! zugeschriebenen fremdenfeindlichen Bemerkungen nicht als irgendeine aus dem Kontext gerissenes Äußerung beschrieben werden können, sondern vielmehr ein wohl überlegtes, die Politik des Vereins repräsentierendes Statement. Im Licht der grassierenden Islamophobie in Großbritannien (und überall sonst) wäre es vielleicht eine gute Idee, dieses Statement von Ihrer Website zu entfernen. Es hilft nichts zu sagen, dass VIVA! Multikulturalität unterstützt, wenn der Verein Bemerkungen wie diese macht, insbesondere angesichts dessen, dass wir beide wissen, dass Tiere, die betäubt werden, oft, wenn nicht sogar üblicherweise nicht richtig betäubt werden. Deshalb ist mir schleierhaft, warum Sie es für irgend sinnvoll erachten, einen Unterschied zwischen Halal-Schlachtung und konventioneller Schlachtung zu machen.

Die VIVA! zugeschriebene Feststellung, von der Sie sich nicht distanzieren: ''Konsumenten können ihren Teil .. beitragen, indem sie Orte boykottieren, die fortdauernd Fleisch von unbetäubten Tieren verkaufen'' sendet überdies eine ausdrückliche, klare Botschaft, dass das Problem Halal- (oder Koscher-)Schlachtung ist und die Lösung darin besteht, Fleisch von unbetäubten Tieren zu boykottieren. Eine sehr viel bessere Aussage wäre gewesen: ''Konsumenten, die dieses Problem kümmert, sollten überlegen, ob sie überhaupt irgendwelche Tierprodukte konsumieren sollten, weil alle Tierprodukte das Resultat des Quälens und nicht zu rechtfertigenden Tötens von Tieren sind.'' Wie ich sagte, hat VIVA! eine Gelegenheit versäumt, hier aufzuklären. Um es noch einmal zu sagen, angesichts der Tatsache, dass Tiere, die betäubt werden, oft nicht betäubt sind, ist die von Ihnen gemachte Unterscheidung ihren eigenen Bedingungen gemäß unhaltbar und nicht nur in Bezug auf den größeren Kontext, dass das Problem die Nutzung von Tieren ist und nicht eine bestimmte Art der Behandlung oder Ausbeutung von Tieren durch eine bestimmte Gruppe von Menschen.

VIVA! und Veganismus

Ihre Aussage, dass ''wir.. bei jeder Gelegenheit (versuchen), Veganismus als die ethischste Wahl des Handelns, um Tiere zu schützen, voranzutreiben'', ist schlicht nicht zutreffend.

Fakt ist, dass VIVA! aktiv für Vegetarismus als moralisch schlüssige Alternative dazu, ein Allesesser zu sein, auf seinen Websites Werbung macht (der Verein hat Filialen in mehreren Ländern), und Veganismus als etwas Optionales darstellt, dass Menschen tun können, wenn sie weiter gehen wollen. In dem Maß, in welchem VIVA! Fleisch von anderen Tierprodukten unterscheidet, hält der Verein die Vorstellung am Leben, dass es einen moralisch schlüssigen Unterschied gibt, und wir wissen beide, dass dies Unsinn ist. Milch und Eier sind für ebenso viel, wenn nicht mehr Leiden verantwortlich, und alle Tierprodukte, egal, wie sie produziert werden, sind das Ergebnis des Tötens von Tieren. Vegetarismus anstelle von Veganismus zu fördern ist logisch nichts Anderes als das Essen von Fleisch von gescheckten Kühen anstelle von braunen Kühen zu fördern. Die von VIVA! angeführte Begründung ist genau die gleiche, die zur Unterstützung von Kampagnen wie die gegen das Essen von Kalbfleisch bemüht wird. Es gibt keinen Unterschied zwischen Kalbfleisch und anderem Tierfleisch oder zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten.

Die britische VIVA!-Website verkauft Kochbücher, die Rezepte mit Tierprodukten enthalten, und macht Werbung für Restaurants, die Tierprodukte servieren. Wie können Sie angesichts dessen sagen, dass Sie ''bei jeder Gelegenheit Veganismus vorantreiben'? Das ist eine rhetorische Frage. Indem Sie diese Bücher und Unternehmen fördern, richten Sie eine klare Aussage an die Öffentlichkeit: dass es einen Unterschied zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten gibt.

Nicht nur befördert VIVA! die Vorstellung, dass Vegetarismus eine sinnvolle Alternative dazu, ein Allesesser zu sein, darstellt, der Verein hält zudem den Unfug aufrecht, dass vegan zu leben schwierig oder ''abschreckend'' (ein von VIVA! auf seiner Facebook-Seite gebrauchter Ausdruck) und Vegetarismus eine Art Einsteg [in den Veganismus] sei. Derlei leistet nichts anderes, als die Propaganda zu verstärken, dass Veganismus eine extreme Position sei, die nur von Übermenschen erreicht werden könne. Es ist genau diese Einstellung, durch welche die Öffentlichkeit von Veganismus abgeschreckt wird und die zu der großen Zahl von ''Tierschutzleuten'' beiträgt, die nie begonnen haben, vegan zu leben. Wenn für uns feststeht, dass Veganismus die moralische Grundlinie ist, dann sollten wir das auch feststellen, und jene, die [noch] nicht bereit sind, vegan zu leben, werden welchen Zwischenschritt auch immer machen, aber zumindest ist die Botschaft klar.

Wenn VIVA! wirklich Veganismus fördert, warum macht der Verein dann auf seiner Website Aussagen wie diese: ''VIVA! lehnt jegliches Schlachten ab und wir fördern Vegetarismus als den einzigen wahrhaft wirkungsvollen Weg, das Leiden von Tieren zu verhindern''? Wir werden das Leiden nicht dadurch abstellen, dass wir lediglich Vegetarier werden. Wenn Veganismus wirklich auf Ihrer Agenda steht und nicht nur eine optionale (und ''abschreckende'') Änderung des Lifestyles ist, warum dann machen Sie solche Aussagen, die die Leute nur verwirren? So, wie die Dinge stehen, würde jeder Leser von VIVA!s Website diese mit der Vorstellung verlassen, dass Vegetarismus eine einwandfreie moralische Position ist; dass Fleisch ''schlimmer'' als Milch ist und Veganismus eine Option – und eine schwierige und ''abschreckende'' zumal –, aber keine moralische Grundlinie. Wie viele von VIVA!s Mitgliedern sind Stammkunden von Restaurants, für die Sie Werbung machen, und konsumieren dort Milch und Käse? Wie viele kaufen VIVA!s nicht-vegane Kochbücher und kochen Gerichte, die Tierprodukte enthalten?

Jene, die wirklich die Abschaffung der Tierausbeutung anstreben, sollten damit aufhören, sich an der ''Veganismus ist ja sooooo schwierig''-Propaganda zu beteiligen und die Idee von Vegetarismus (oder anderer Einzelthema-Kampagnen) als ''Einstieg'' in den Veganismus verwerfen. (Um mehr zu diesem Thema zu erfahren, hören Sie meinen Kommentar und lesen Sie meine Essays Some Comments on Vegetarianism as a ''Gateway'' to Veganism [Einige Bemerkungen zum Vegetarismus als ''Einstieg'' in den Veganismus], ''Gateway'' Arguments [''Einstiegsargumente''] und ''Vegetarianism First?'' [Zuerst Vegetarismus?]; letzterer wurde in The Vegan veröffentlicht.)

Zuletzt: Ihre Website betont Masssentierhaltung als das Problem – als ob dieses darin bestünde, wie Tierprodukte gemacht werden, und nicht, dass sie überhaupt gemacht werden. Dies trägt zur Verwirrung der Öffentlichkeit bei und verstärkt die Vorstellung, dass das Problem die Behandlung, nicht die Nutzung von Tieren ist.

Mein Ersuchen an VIVA!

1. Mit einem Wort, ich bleibe besorgt darüber, dass Ihre Kommentare über Halal-Schlachtung, insbesondere im gegenwärtigen [politischen] Klima, islamophobisch sind, und ich ersuche Sie, auf Ihrer Website klarzustellen, dass nicht Halal-Schlachtung das Problem ist, sondern jegliche Nutzung von Tieren. Ich ersuche Sie, alle Tierausbeutung in ein Boot zu setzen und nicht ein separates Boot für Muslime (oder Juden) zu konstruieren.

2. Wenn Veganismus Ihre wirkliche Agenda ist, ersuche ich Sie, damit hervorzutreten und es zu sagen und aufzuhören, das Hirngespinst aufrechtzuerhalten, dass Fleisch in irgendeiner Weise ''schlimmer'' als Milch oder andere Tierprodukte ist.

3. Ich ersuche VIVA!, damit aufzuhören, Veganismus als etwas Schwieriges oder Abschreckendes darzustellen. Das ist es nämlich nicht. Tatsächlich ist es, vegan zu leben, ziemlich leicht und heutzutage kann man zu fast allen Nahrungsmitteln tierlicher Herkunft, die man mag, vegane Alternativen bekommen. Wie wäre es mit einer ''Veganismus ist leicht''-Kampagne von VIVA!?

Um es zu wiederholen: Wenn Sie Veganismus zur eindeutigen moralischen Grundlinie machen, mögen jene, die über dieses Problem [der Tierausbeutung] besorgt sind, wählen, weniger zu tun [als vegan zu leben], aber sie könnten zumindest nicht auf VIVA! verweisen und einigermaßen zutreffend behaupten, dass Sie einen Stempel der Gutheißung auf die Wahl, weiterhin ''weniger schlimme'' Tierprodukte zu konsumieren, drücken.

4. Ich bitte VIVA! darum, aufzuhören, Kochbücher zu verkaufen, die den Gebrauch von Tierprodukten fördern, und für Restaurants Werbung zu machen, die Tierprodukte servieren.

Vielen Dank.
Gary

Gary L. Francione
Professor, Rutgers University

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Nachtrag vom 26. September 2010

In einer zusätzlichen, auf Opposing Views geposteten Antwort stellt VIVA! fest:
In jedem Fall definieren wir vegetarisch als vegan ´– insoweit als wir für Veganismus als ethischste aller Ernährungsformen eintreten, aber wir erkennen an, dass Menschen dorthin in ihrer jeweils eigenen Gangart gelangen.
Diese Behauptung ist faktisch inkorrekt. VIVA!s Materialien und Website unterscheiden kontinuierlich und konsequent zwischen ''vegetarisch'' und ''vegan''. Der Verein definiert ''vegetarisch'' nicht als ''vegan''.

Überdies bedarf es, wenn VIVA! für Veganismus eintreten will, keiner sprachlichen Konfusion – verwenden Sie einfach ''vegan''.

Und wie ich oben bereits feststellte, können wir anerkennen, dass die Menschen ''in ihrer jeweils eigenen Gangart (dorthin) gelangen'', ohne das Zugeständnis zu machen, dass das ''Dort'' irgendetwas Geringeres als Veganismus ist. Gegenwärtig sendet VIVA! die Botschaft, dass es eine moralisch schlüssige Unterscheidung zwischen Fleisch und anderen Tierprodukten gibt. Es gibt keine.

Abschließend sehe ich, dass VIVA! nach heutigem Stand immer noch Kochbücher mit nichtveganen Rezepten verkauft und für Restaurants, die nichtveganes Essen servieren, Werbung macht. Das spricht Bande.